Werner Lutz Handschrift

Lyriker und Maler

Navigation

Seit langem findet sich mein Weinglas, ob gefüllt oder leer, stets auf demselben Fenstersims und betrachtet zusammen mit mir Gott und die Welt oder auch nur die Hundsrosenhecke, ihre blütentragenden Bögen, die sich auf die alten Zweige legen, in tausendjähriger Respektlosigkeit — beim Lesen dieser wenigen Zeilen fällt mir auf, dass heute die Vokale nicht funkeln mögen und die Konsonanten noch immer schlafen, obwohl es weit über Mittag ist.

Sich verlieren im Glanz einer Minute, sich täuschen lassen von den Täuschungen, sich verirren in unverhofften Begegnungen, auf die Wechsel zählen, die kommen und gehen in den Fensterscheiben, den Stimmungen nachgeben, launisch, unausstehlich, verspielt, an das Altrosa eines Abendhimmels glauben, den Gemeinsamkeiten trauen, aber auch den Einsamkeiten, sich Gefühle leisten, die eher bitter sind als süß.

«Poetisches Journal: Solche Bleistiftgespinste sind nun gesammelt in einem zauberhaften Journal, in dem Lutz als poetischer Diarist die Dinge neu ordnet. Seine Aufzeichnungen zählen in ihrer Beobachtungsgeduld und Wahrnehmungsgenauigkeit zu den einsamen Gipfelpunkten dieses literarischen Genres. … Gerade in dieser offenen Form, in der jeder Satz ebenso auf Konzentration wie auf die Auflösung alter Fixierungen hinstrebt, kann sich die meditative Innigkeit der Beobachtung entfalten, die zu den Eigenarten dieses Schriftstellers gehört.»

Michael Braun, Basler Zeitung